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Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 

Preußische Säbel, Fechtkunst und Memoiren

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25.05.25, 13:31:30

JackT808

Hallo,
ich forsche und schreibe seit einigen Jahren an einem Buch über die Fechtkunst in den Napoleonischen Kriegen. Allerdings bereitet mir Preußen erhebliche Schwierigkeiten bei der Suche nach Primärquellen – sogar mehr als Russland. Für Großbritannien und Frankreich gibt es eine Fülle an Quellen, etwas weniger für Österreich. Ich hoffe, auf diesem Weg etwas Orientierung zu erhalten, um Preußen gerecht werden zu können, denn ich bin an einem Punkt angelangt, an dem ich kaum noch weiterkomme.
Von den oben genannten Büchern – welches würden Sie als das beste für die napoleonische Epoche einschätzen?

Zudem scheinen Memoiren aus der Zeit in Preußen fast ausschließlich aus der Perspektive von Generalen verfasst worden zu sein. Ich konnte bislang keine Berichte von Offizieren niedrigerer Ränge finden. Besonders hilfreich wären Memoiren eines Kavallerieoffiziers niederen Ranges – vielleicht ein Unteroffizier oder, wenn möglich, sogar eines einfachen Reiters.

Ich bin für jede Hilfe sehr dankbar, denn es ist mir ein großes Anliegen, Preußen gerecht darzustellen – und nicht in den üblichen französisch-britischen Fokus zu verfallen.

Mit freundlichen Grüßen
Jack Tribolet
26.05.25, 04:01:55

JackT808

geändert von: Zietenhusar - 04.06.25, 06:42:58

Ich habe bisher folgende Vorschriften und Werke gefunden und ausgewertet: die Regulations for the Prussian Cavalry von 1757, das Exerzir-Reglement für die Kavallerie von Preußen (1812), die umfangreichen Memoiren und Aufsätze von Marwitz, Curt Janys ausgezeichnetes Buch Der Preußische Kavalleriedienst vor 1806 sowie Nachrichten und Betrachtungen über die Thaten und Schicksale der Reuterei in den Feldzügen Friedrichs II. und in denen neuerer Zeit. Zweiter Theil. Von 1806 bis 1813. Darüber hinaus habe ich die grundlegenden Osprey-Bände, die allerdings nicht besonders hilfreich sind.

Was mir jedoch fehlt, sind Erlebnisberichte aus erster Hand. Ich kann keine aussagekräftigen persönlichen Berichte von preußischen Kavallerieoffizieren finden – nichts, das mit der Fülle an Memoiren aus Großbritannien und Frankreich vergleichbar wäre. Selbst Österreich und Russland verfügen über einige solcher Quellen, genug, um ein klares Bild zu zeichnen. Weiß jemand, ob es Memoiren gibt, die ich übersehen habe?

Die meisten der mir bekannten Berichte stammen nur von ranghohen Offizieren, die vor allem den Krieg aus strategischer Sicht schildern – taktische Eindrücke oder persönliche Gefechtsberichte fehlen nahezu völlig.
Zudem scheinen Memoiren aus der Zeit in Preußen fast ausschließlich aus der Perspektive von Generalen verfasst worden zu sein. Ich konnte bislang keine Berichte von Offizieren niedrigerer Ränge finden. Besonders hilfreich wären Memoiren eines Kavallerieoffiziers niederen Ranges – vielleicht ein Unteroffizier oder, wenn möglich, sogar eines einfachen Reiters.

Ich bin für jede Hilfe sehr dankbar, denn es ist mir ein großes Anliegen, Preußen gerecht darzustellen – und nicht in den üblichen französisch-britischen Fokus zu verfallen.

Mit freundlichen Grüßen
Jack Tribolet
26.05.25, 09:26:18

fritz1888

Auf die Schnelle:


Hier ein sehr interessanter Artikel.

Eigentlich muss man sich durch die zeitgenössischen Militär-Publikationen wühlen, denn dort wurden das Für und Wider den Stoß bzw. den Hieb viel diskutiert; z.B. Deutsche Wehr-Zeitung
26.05.25, 13:46:53

JackT808

Zitat von fritz1888:
Auf die Schnelle:
  • Dienstvorschrift Nr. 299. Exerzier-Reglement für die Kavallerie (1909)
  • Entwurf einer Vorschrift über das Fechten mit dem Kavallerie-Degen Modell 86 (1887)
  • D.V.E. Nr. 365, Vorschrift für das Fechten auf Hieb und Stoß, Berlin 1901
  • Leitfaden betreffend die Seitengewehre der Truppen zu Pferde und die Lanzen (1891)
  • v. Mirus Leitfaden für den Kavalleristen (1882)


Hier ein sehr interessanter Artikel.

Eigentlich muss man sich durch die zeitgenössischen Militär-Publikationen wühlen, denn dort wurden das Für und Wider den Stoß bzw. den Hieb viel diskutiert; z.B. Deutsche Wehr-Zeitung

Die Verwendung von Quellen aus der nachnapoleonischen Zeit ist nur dann sinnvoll, wenn sie sich direkt auf Lehren aus den Kriegen stützen, wie zum Beispiel in De Bracks Leichte Kavallerie-Außenposten, da er selbst in den Kriegen gekämpft hat – andernfalls ist es anachronistisch.

Was ich wirklich brauche, sind einige anständige Memoiren. Wo ist der preußische Marc Marbot (Franzose)? Von Grueber (Österreicher)? Großbritannien hat so viele, dass ich sie gar nicht alle brauche – sogar aus Russland habe ich ein paar. Haben die Preußen einfach nicht auf die gleiche Weise geschrieben?
04.06.25, 04:22:40

JackT808

geändert von: JackT808 - 04.06.25, 04:23:32



Meine derzeitige Bibliographie ist wie folgt. Die benötigten Reglements habe ich gefunden, aber es fehlt mir an anekdotischen Belegen aus Memoiren über den Kampf mit Blankwaffen. Über Hinweise auf entsprechende Memoiren wäre ich sehr dankbar.

Peter Hofschröer, Prussian Cavalry of the Napoleonic Wars (1): 1792-1807 (London, UK: Osprey Publishing Ltd, 1985)
Peter Hofschröer, Prussian Cavalry of the Napoleonic Wars (2): 1807-1815 (London, UK: Osprey Publishing Ltd, 1986)
Eduard Döpfner, Der Krieg von 1806 und 1807. Ein Beitrag Zur Geschichte der Preußischen Armee nach den Quellen des Kriegs-Archivs, Zweiter Teil (Kerl, DE: Simon Schropp & Comp, 1865)
Exerzir-Reglement für die Kavallerie der Königlich Preußischen Armee (Berlin, DE: Georg Decker, 1812)
Friedrich August Ludwig's von der Marwitz, Aus dem Nachlasse Friedrich August Ludwig's von der Marwitz auf Friedersdorf, Königlich Preußischen General-Lieutenants a.D.: Erster Band Lebensbeschreibung (Berlin, DE: Druck und Verlag von E. S. Mittler & Sohn, 1852)
Curt Jany, Urkundliche Beiträge und Forschungen zur Geschichte des Preußischen Heeres: Heft: Der Preußische Kavalleriedienst vor 1806 (Berlin, DE: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, 1904),
Carl von Müffling, The Memoirs of Baron von Müffling: A Prussian Officer in the Napoleonic Wars (Yorkshire, UK: Pen & Sword Books Ltd, 2015)
Carl von Clausewitz, The Campaign of 1812 in Russia: A Prussian Officer's Account From the Russian Imperial Headquarters (Barnsley, UK: Greenhill Books)
Charles Emmanuel De Warnery, Remarks on Cavalry; By the Prussian Major General of Hussars, Warnery (London, UK: J. Barfield, 1798)
Kurd Wolfgang von Schöning, Geschichte Des Königlich Preussischen Regiments Garde du Corps zu seinem hundertjährigen (Berlin, DE: Unger, 1840)
Gerhard Von Pelet-Narbonne, Geschichte der Brandenburg-Preussischen Reiterei: von den Zeiten des Grossen Kurfürsten bis zur Gegenwart, Band 1 (Berlin, DE, E.S. Mittler und Sohn, 1905)
Digby Smith, The Prussian Army – To 1815 (Atglen, PA: Schiffer Military History, 2004)


04.06.25, 08:33:34

Zietenhusar

geändert von: Zietenhusar - 04.06.25, 08:35:43

Hallo Jack,

erstmal einmal vorweg viel Erfolg bei Deinem Vorhaben. Da ich über diesem Zeitbereich wenig Literatur habe, kann ich leider wenig bis nichts beitragen. Die einzigen Bücher, die diese Zeit etwas mehr beleuchten, sind Biografien über den Feldmarschall Gebhardt Lebrecht Blücher von Wahlstatt. Diese enthalten aber nur nachträgliche Betrachtungen Dritter.

Zudem sind bei "den Preußen" persönliche Betrachtungen über Kampfhandlungen eher selten zu finden. Einzelne Scharmützel oder Gefechte fanden bis in die Details der Fechtweisen keine Beachtung. Es wurde "dreingeschlagen" was das Zeug hielt.

Viele Grüße,
Thomas
04.06.25, 20:00:34

JackT808

Zitat von Zietenhusar:
Hallo Jack,

erstmal einmal vorweg viel Erfolg bei Deinem Vorhaben. Da ich über diesem Zeitbereich wenig Literatur habe, kann ich leider wenig bis nichts beitragen. Die einzigen Bücher, die diese Zeit etwas mehr beleuchten, sind Biografien über den Feldmarschall Gebhardt Lebrecht Blücher von Wahlstatt. Diese enthalten aber nur nachträgliche Betrachtungen Dritter.

Zudem sind bei "den Preußen" persönliche Betrachtungen über Kampfhandlungen eher selten zu finden. Einzelne Scharmützel oder Gefechte fanden bis in die Details der Fechtweisen keine Beachtung. Es wurde "dreingeschlagen" was das Zeug hielt.

Viele Grüße,
Thomas


Mir ist aufgefallen, dass sich offenbar jeder preußische Offizier für Clausewitz hielt. Allgemeine Gefechtsbeschreibungen sind natürlich willkommen, aber auch indirekte Hinweise darauf, ob Hiebe oder Stiche verwendet wurden, sind für mein Thema von Wert. Besonders hilfreich wären Memoiren, in denen irgendeine Form von Ausbildung erwähnt wird – selbst wenn nur der Ort genannt wird. Nach meiner bisherigen Erfahrung (zumindest bei britischen und französischen Memoiren) liefern junge Kavallerieoffiziere die besten Berichte für mein Forschungsvorhaben, auch wenn einige Unteroffiziere ebenfalls brauchbare Erinnerungen hinterlassen haben. Vielen Dank im Voraus!
04.06.25, 20:54:37

Ulan13

Zitat von JackT808:
...ob Hiebe oder Stiche verwendet wurden, sind für mein Thema von Wert.
Das ist zumeist schon durch die Art und den Aufbau der Waffen zu sehen. Wenn man beispielsweise den preussischen M 1811 "Blücher" mit einem schweren französischen Kavalleriepallasch vergleicht, ergibt sich schon durch die Klingenform, daß ersterer zum Hauen, letzterer zum Stechen geeignet ist. Zu diesem Thema gibt es auch ein recht nettes englischsprachiges Video im Netz...
HIER

Grüße vom Ulanen
05.06.25, 03:01:21

JackT808

Zitat von Ulan13:
Zitat von JackT808:
...ob Hiebe oder Stiche verwendet wurden, sind für mein Thema von Wert.
Das ist zumeist schon durch die Art und den Aufbau der Waffen zu sehen. Wenn man beispielsweise den preussischen M 1811 "Blücher" mit einem schweren französischen Kavalleriepallasch vergleicht, ergibt sich schon durch die Klingenform, daß ersterer zum Hauen, letzterer zum Stechen geeignet ist. Zu diesem Thema gibt es auch ein recht nettes englischsprachiges Video im Netz...
HIER

Grüße vom Ulanen


Ich stimme dir bei diesen beiden Schwertern zu (ich besitze von beiden ein Exemplar) – sie sind eindeutig speziell für Hieb oder Stich entworfen worden. Allerdings wurden viele französische Waffen als Hieb- und Stichwaffen konzipiert. Das AN IX und XI hat fast die gleiche starke Krümmung wie das britische 1796/1811, dennoch legte das französische Reglement weiterhin den Schwerpunkt auf den Stoß, abgesehen vom rückhandigen Hieb.
Matt Easton stützt seine Einschätzungen stark auf Kinsleys Buch, das jedoch stark voreingenommen und britisch-zentriert ist. Ich habe inzwischen Hunderte von Quellen aus Österreich, Großbritannien, Frankreich, Preußen und Russland gelesen – jedes dieser Länder bildete seine Kavallerie leicht unterschiedlich aus (wobei die Russen zunächst die Preußen, dann die Franzosen imitierten).
Die Briten waren in ihrer reinen Hiebtechnik tatsächlich die Außenseiter; der einzige Stoß, den sie empfahlen, richtete sich gegen fliehende Infanteristen. Ich plane, alle meine Erkenntnisse in etwa einem Jahr zu veröffentlichen (hoffentlich, so Gott will). Leider versuche ich, die übliche französisch-britische Voreingenommenheit in der napoleonischen Literatur zu vermeiden – allerdings sind die Quellen zu den anderen drei Ländern extrem schwer zu finden, insbesondere zu Österreich.

P.S. Bist du zufällig derselbe Ulan vom SBG? Der ist vor ein paar Jahren verschwunden. Ich weiß, dass er hier gelegentlich unterwegs war.
05.06.25, 11:27:50

Ulan13

geändert von: Ulan13 - 05.06.25, 12:45:46

Zitat von JackT808:
P.S. Bist du zufällig derselbe Ulan vom SBG? Der ist vor ein paar Jahren verschwunden. Ich weiß, dass er hier gelegentlich unterwegs war.
Nein, das ist ein anderer. Ulanen sind recht häufig :D
Daß den Franzosen der Stich sehr wichtig war, ergibt sich, (neben der Länge der (schweren) Kavallerie-Blankwaffen, die es zusammen mit dem Arm des Trägers auf eine Gesamtlänge ähnlich einer Infanteriemuskete bringen), auch aus der Tatsache, daß beispielsweise das "grosse mousqueton de cavalerie AN IX" standartmäßig mit einem Bajonett ausgerüstet war! Bei einer reinen Kavalleriewaffe recht ungewöhnlich, ich spreche hier nicht von Dragonern.
Natürlich hatte jedes Land leicht unterschiedliche Ausbildungsvarianten, aber in der Schlacht selbst wurde dann wohl doch recht ähnlich gekämpft und so wie es die Ausrüstung diktierte, zumindest was die kontinentalen Einheiten betrifft. Man darf ja gerade bei den napoleonischen Kriegen nicht vergessen, daß dort viele verschiedene Kontingente, insbesondere aus den Kleinstaaten, unterwegs waren, die zwar einem Oberbefehl gehorchten, in ihrer Ausbildung selbst wie auch ihrer Bewaffnung eigenständig, nicht mit den heute üblichen homogenen National-Armeen vergleichbar sind.
Dazu kommt noch, daß Kampferfahrung immer wichtiger ist aus nur Ausbildung. Das hat ja beispielsweise Napoleon merken müssen, als er gezwungen war, nach dem Rußland-Debakel sozusagen mit frischausgehobenen Rekruten weiterkämpfen zu müssen weil ihm die alten, kampferfahrenen Leute gefehlt haben, ebenso wie es Friedrich dem Großen im siebenjährigen Krieg ging und vielen anderen. Aber das weißt Du ja auch, es ist ein allgemeines Problem bei langdauernden Kriegen mit hohen Menschenverlusten.
Hier noch ein kleiner Tip, der Dich eventuell interessieren könnte: Ein Buch eines inzwischen leider verstorbenen Forumsmitglieds.

Viel Erfolg bei Deinem Projekt und Grüße vom Ulanen
 
 
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