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Deutschen Gesellschaft für Heereskunde e.V.
 
 

alter Hirschfänger von Clemen&Jung => Nicker oder Jagdmesser

original Thema anzeigen

17.06.09, 21:30:17

Trainer

geändert von: Zietenhusar - 26.07.09, 07:54:44

Ich habe diese Woche einen Jägernachlass aus dem Brandenburgischen bekommen.

Dabei war ein ziemlich alter Hirschfänger von Clemen&Jung.
Mich würde jetzt dazu interessieren:
Alter und Verwendung.
Danke
19.06.09, 19:39:34

Zietenhusar

geändert von: Zietenhusar - 26.07.09, 07:44:24

Hallo,

wenn man sich den vermeindlichen "Hirschfänger" genau betrachtet fällt auf, daß er als solcher kaum Verwendung gefunden haben wird. Die zweischneidige dolchartige Klinge ist recht kurz und ohne jegliche Verzierung. Die Form derselben erinnert an die der im 1. Weltkrieg gebräuchlichen Grabendolche und Nahkampfmesser etc. Der Griff ist ebenfalls sehr einfach aufgebaut.
Hirschfänger dienen ursprünglich für das Abfangen (töten durch Stich in's Herz) von Wild, vor allem von Hirschen. Diese kurze Klinge hätte dafür nicht die nötige Reichweite.

Hirschfänger dienten auch anderen zwecken, wie z.B. >>HIER<< zu sehen ist (auf den Link klicken und vorwärts blättern).

Aufgrund der gesamten Aufmachung des Stückes kann man es in die Zeit nach 1918 einordnen. Die Verwendung ist von mir nicht bestimmbar. Als Freizeit- oder Nickmesser könnte es vielleicht gedient haben. Hübsch, trotz oder gerade wegen seiner Schlichtheit, ist das Messer allemal.

Gruß,
Thomas
19.06.09, 19:54:41

Trainer

Danke für die AW.

Also kurz ist relativ.
Ich vergaß natürlich zu erwähnen, dass der Dolch" knappe 46 Zentimeter lang ist.
Die Klinge ist 3,3 Zintimeter breit und 26 Zentimeter lang.

Für einen Grabendolch oder ähnliches, ziemlich groß...
19.06.09, 20:05:25

Zietenhusar

Zitat von Trainer:
Ich vergaß natürlich zu erwähnen...

Genau! Moderne, als sogenannte Hirschfänger bezeichnete Messer werden schon mit einer Klingenlänge ab 20 cm angeboten. Das ist natürlich dann kein Hirschfänger im Sinne seiner Bestimmung mehr. Richtige Hirschfänger fangen bei einer Klingenlänge von 35 cm an, bis über 50 cm.
Zitat von Trainer:
Für einen Grabendolch oder ähnliches...
Bitte nichts verwechseln. Die Klinge hat die Form ähnlich von Grabendolchen. Der von mir oben angegebene Link sagt mehr aus, als ich es hier versuchen kann mit Worten zu umschreiben.
20.06.09, 00:02:22

ulfberth

geändert von: ulfberth - 20.06.09, 00:49:26

Moin!

Eine sicherlich interessante Seitenwaffe. Von der zeitlichen Einordnung würde ich Thomas zustimmen: Um oder nach dem 1. Weltkrieg.

Die exakte Bestimmung der Waffe ist problematisch und somit ein wunderbarer Spielplatz für Kümmelspalter. Um mich einer zeitraubenden Diskussion zu entziehen, nachfolgend ein paar Zitate aus Gerhard Seifert´s "Fachwörter der Blankwaffenkunde":

Nicker a. Nickfänger, Nickmesser, Genicker; Jagdmesser mit feststehender Klinge für den Genickfang; s. a. Jagdmesser

Jagdmesser alle für den Jagdgebrauch (abnicken, aufbrechen, auf- u. abschärfen, abdecken, abschwarten, auflösen, zerwirken, zerlegen) geeigneten Messer mit feststehender Klinge; auch gelegentl. auf sehr kurzklingige Hirschfänger - s. das. - angewandt; s. a. Nicker

Hirschfänger Jagdgriffwaffe —s. das.; gerade Klinge, meist ein-, seltener zweischneidig, jedoch im Ort stets zweischneidig; Klingenlängen zwischen 350 u. 750 mm; Griffe i. d. Grundform oben nach vorn gebogen, gebildet aus Griffschalen od. vollem Material (Holz, Bein, Hirschhorn, Elfenbein, Halbedelstein u. a.); Stichblatt (falls vorhanden): Muschel oder à clavier- s. jew. das.; 2 Hauptarten: H. mit Kreuzgefäß u. H. mit Griffbügelgefäß; der H. ist eine geg. 1650 allmählich auftretende spezielle Gattung der Ordnung Griffwaffen, eine Fusion aus Jagdschwert, Jagddegen u. Waidmesser, sowohl Trutzwaffe, als auch jagdl. Gebrauchswaffe, vornehml. zum Abfangen des forcierten, bzw. krankgeschossenen u. gestellten) Rot- u. Schwarzwildes durch Herzstich; wurde bald Standeszeichen des hirschgerechten Jägers (Benennungsmotiv!); offizielle Verleihung nach 6 Lehrjahren durch den Lehrprinz(ipal) im Beisein d. Jägerschaft (Wehrhaftmachen); wurde i. L. d. 2. Hälfte 18. Jh. zum Jagd- u. Reisekostüm- sowie Uniformbestandteil; Ausdruck H. erstmals 1664 nachgewiesen; s. a. Militärhirschfänger; vgl. Jagdmesser, Jagdplaute, Nicker


Ansonsten empfehle ich vom gleichen Autor das Buch über Hirschfänger. Siehe Literatur Deutschland.

Gruß

ulfberth
 
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