16.10.23, 13:16:18
briquet
geändert von: briquet - 16.10.23, 13:17:33
Angeregt durch die Beiträge über Funde im Haushalt möchte ich mich heute mit einer speziellen „Blankwaffe“ beteiligen. Einige Exemplare wurden ja schon mal als Mordinstrument verwendet, dieses stammt jedoch aus dem Nähkörbchen einer friedlichen alten Dame.
Die Firma Arthur Dorp hat ihren Sitz seit 1907 in Solingen. Ich war dann doch etwas überrascht, eine Schere mit der Firmenbezeichnung
ARTHUR DORP
U.S.A.
NEWARK
in Händen zu halten.
Eine Anfrage bei der Firma Dorp in Solingen brachte dann folgendes Ergebnis:
Die Firma in ihrer jetzigen Form gibt es seit 1906. Zuvor hat Arthur Dorp, der Vater des Firmengründers, nur Scheren hergestellt. Diese Schere dürfte im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts gefertigt worden sein. Damals war es auch zulässig, andere Bezeichnungen anzubringen um den Verkauf zu verbessern (z.B. U.S.A., NEWARK).
Dieses Verfahren ist nichts Ungewöhnliches. Waffenhersteller mit Sitz in Birmingham brachten bekanntlich aus dem gleichen Grund auf ihrem Erzeugnis den Zusatz „London“ an.
Ein interessantes Stück Geschichte liegt seither griffbereit in der Küche, und sie schneidet noch immer :) !
Gruß
Winfried
21.10.23, 05:32:43
Zietenhusar
Prima. Ich muss dann wohl mal meine alten Scheren genauer betrachten. :)
Apropos "aus dem Nähkörbchen einer friedlichen alten Dame". Im Nachlass meiner Oma fand ich eine chinesische Schere. Mein Urgroßvater war in China als Handelsvertreter oder sowas Ähnlichem unterwegs. Laut der Aussage meiner Mutter wohl schon Anfang des 20. Jahrhunderts. In meinem Besitz gibt es noch einige Gegenstände, die er aus China mitbrachte oder von Chinesen in den 1950er Jahren mitgebracht bekam.
Diese Art Schere wird heutzutage als Bonsaischere bezeichnet. Leider habe ich sie mal weggegeben.
Gruß,
Thomas
10.12.24, 05:06:40
Zietenhusar
Bei einem der Flohmarktbesuche letztes Wochenende fand ich ein Holzkästchen mit unter anderem diesen beiden kleinen Scheren darin. Musste ich einfach mitnehmen.
Die "verschnörkelte" Schere ist mit NOGENT gestempelt.
Dazu aus
Schneidwaren-web zitiert:
Nogent –
vom Eisen zum Titan. Qualität aus der französischen Provinz
Im Laufe des 18. Jahrhunderts siedelte das Messerschmiede-handwerk aus Langres in das nördlich gelegene Nogent über.
1768 waren hier bereits 600 Personen in der Schneidwaren-fertigung tätig, 1872 waren es dann gar sechstausend. Die eleganten Produkte aus Nogent hatten eine außerordentliche Qualität und wurden als Luxusartikel für gehobene Schichten in Paris und auf den internationalen Märkten vertrieben. Noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts führte jedes einzelne Atelier eigenständig alle Arbeitsgänge aus. Wasserkraft spielte so gut wie keine Rolle. Die Schleifsteine oder Gebläse der Schmieden wurden mit Hand- oder Laufrädern betrieben.
Ab etwa 1850 setzte sich die Mechanisierung durch. Es entstanden Betriebe mit Wasserradanlagen und auch mit Dampfmaschinen. Bereits ab 1847 – also gut dreißig Jahre vor Solingen – wurden Scheren im Gesenkschmiedeverfahren hergestellt. Seit etwa 1900 gewann die Branche der chirurgischen Instrumente zunehmend an Bedeutung. Heute hat sich die medizin-chirurgische Industrie, die vielfach Titan verarbeitet, zum neuen Leitsektor entwickelt, während die klassische Schneidwarenindustrie in Nogent stark rückläufig ist.
Gruß,
Thomas
10.12.24, 11:25:07
Ulan13
Die "Nogent"-Schere ist superb! Tolles Design! Gratuliere! :super:
So eine wie die obere habe ich auch noch in meiner Gartenkammer...
Vielen Dank für's Zeigen und
herzliche Grüße vom Ulanen
20.12.24, 06:04:28
Zietenhusar
Nach einem freundlichen Hinweis konnte ich ein interessantes Video finden,
Solinger Schneidwarenindustrie unter
Alltagskulturen im Rheinland, aus dem Jahr 1991.
Zuerst kommt der
Der Scherenhärter
und dann der
Augenpliester und Scherennagler. Werkstatt Ohliger
Ich mag diese Aufzeichnungen alter Handwerkskunst.
Gruß,
Thomas
22.12.24, 07:13:57
Zietenhusar
Hier noch ein, für mich jedenfalls, sehr interessantes Video von der Herstellung von Scherengesenken.
Gesenkschmiede Hendrichs
Allein die Fachbegriffe und Erläuterungen der einzelnen Tätigkeiten sind spannend.
Gruß,
Thomas
22.12.24, 13:33:45
Ulan13
170 - 180 Arbeitsschritte für so eine Schere! Nicht schlecht für so ein Alltagswerkzeug!
Vielen Dank für den Tip, Thomas :) und
Grüße vom Ulanen