Vielleicht eine ketzerische Frage: Was haben späte Fertigungen dieser Infanterie-Säbel nun unbedingt mit der preußischen Schloßwache zu tun?
Die einfache Antwort lautet: Nichts.
Das Problem der hier geführten Diskussion ist, dass wir über zwei, ich möchte mal sagen „Säbeltypen“ sprechen. Besser sollte man
das Thema aufteilen.
Das eine ist der Infanteriesäbel mit Stichblatt in der späten, d. h. mit Abnahmestempeln/-punzen versehenen Ausführung. Als solcher völlig unproblematisch - diese Waffe wurde bis in die 70-ger Jahre regulär von einem bestimmten Personenkreis dienstlich getragen und bei Beschädigungen/Reparaturen wurden neue (gestempelte) Teile eingebaut, vielleicht sogar ganze Säbel neu gefertigt.
Der andere Typ (ich schreibe bewusst „Typ“) ist eben der von mir so genannte „
Bollinger-Säbel“. Dieser wird von den bisherigen Autoren blankwaffenkundlicher Werke einfach entweder dem altpreußischen Model („M. 1715“) zugerechnet, manchmal dem Infanteriesäbel mit Stichblatt („M. 1816“).
Die Frage ist, ob wir hier nicht ein eigenes Modell / Muster vor uns haben?
Es handelt sich um eine Mischform aus altpreußischem Gefäß mit einer weder der altpreußischen, noch der des M. 1816 entsprechenden Klinge. Diese Waffen stammen lt. Ätzung (nicht Gravur) immer (!!!) von dem Schwertfeger
Bollinger; ob immer eine Bienenkorbmarke eingeschlagen ist, kann ich bisher nicht sagen. Sie sind von der Adresse des
Bollinger und dem Typus der Ätzung her etwa den 1840-ger Jahren zuzuordnen. Die Ätzung ist im Übrigen als aufwendig und hochwertig anzusehen.
Dem kritischen Betrachter stellt sich nun die Frage nach dem Warum?
Hat
Bollinger einen Kundenstamm gehabt, an der er im Raum Berlin Privatausführungen dieser Säbel in größerer Anzahl verkaufen konnte? Oder handelt es sich eben um ein eigenes Muster, welches vielleicht aus der königlichen Schatulle auf einem abweichenden Beschaffungsweg bestellt und bezahlt wurde.
Hier spielt dann auch die Frage rein, warum offenbar keine offizielle Abnahme erfolgte. Hier kann man nicht die grobe Raspel ansetzen, sondern sollte zu einer feineren Feile greifen. Garantierte
Bollinger mit seinem Namen für eine ausreichende Qualität? Wie sieht es in dieser Beziehung z. B. mit den Gala-Pallaschen des zweiten Zuges der Leibgendarmerie aus, die ja noch wesentlich später hergestellt wurden? Waren diese dienstlich abgenommen?
All diese Waffen waren zudem gewiss nicht für das Kampfgetümmel gedacht, auch das sollte man bedenken.
Kein einfaches Thema also. Umso wichtiger ist es, Informationen und Ideen zu sammeln.
Ein gesundes, ruhiges Weihnachtsfest wünscht
Clouseau