0-Stempel = Ausschuss
15.11.11, 19:13:59
sonjar
Hallo Pauker,"genießen" Sie den Wohlfühleffekt,auch ich habe dazu gelernt u.wir sollten es dabei belassen.Gruß,Sonjar
16.11.11, 10:22:44
ulfberth
geändert von: limone - 16.11.11, 13:02:41
Hallo Sonjar!
Ohne den leidigen Vorgang nochmals aufzuwärmen bzw. nachzutreten, sollte man sich ein paar Gedanken zur Thematik machen.
Die Aussagen von Clouseau u. Zietenhusar treffen den Nagel auf den Kopf. Der Begriff „Ausschuß“ dürfte aber in den seltensten Fällen auf eine komplette Ware angewandt worden sein. Gemeint sind hiermit normalerweise Einzelteile, denn es ist an sich unwahrscheinlich, daß ein montiertes Stück komplett aus solchem Schrott zusammen gesetzt wurde.
Einzelne Beispiele aus der Literatur – zumeist bei Faustfeuerwaffen – die aus solchen, aus der Fabrik heraus geschmuggelten Teilen zusammen gebaut
wären, will ich hier nicht näher kommentieren. Hinzu kommen eher selten auch solche Waffen, welche aufgrund einer starken Abnutzung ausgemustert wurden.
Was hier gemeint war, sind reine Fehlproduktionen in minderwertiger Qualität oder mit Paßformmängeln. Die minderwertige Schundware wurde massiv gestempelt, so daß sie nicht noch einmal vorgelegt werden konnte. Andere Teile wurden zur Nachbearbeitung zurück gegeben und wenn dies erledigt war, auch angenommen. Den zeitlich späteren militärischen „RC-Stempel“ kann man hier getrost außer Acht lassen.
Die wirkliche Bedeutung der o. g. Stempel entzieht sich völlig meiner Kenntnis. Ich würde die Stempel im Bereich Museum, Sammlung, Theater oder Kostümverleih sehen. Die frühere Wertschätzung und der Umgang mit solchen Teilen läßt sich nicht mit heutigen Maßstäben messen.
Gruß
ulfberth
16.11.11, 12:56:55
sonjar
Hallo Ulfberth,danke für Deine abschließende,ausführliche Kommentierung,ich denke ,sie hat die in Frage kommenden Möglichkeiten hinreichend beleuchtet u.ein "kleiner"Rest an Phantasie läßt keine Langeweile aufkommen. Gruß,Sonjar :)
16.11.11, 16:53:42
Pauker
es ist doch immer wieder erstaunenswert,
mit wieviel Energie und Ausdauer absolute Kenner der Materie
sich ausführlich und jedem klar verständlich zu äußern bereit sind – und dessen auch nicht müde werden.
Ein großes Lob an Ulfberth und dieses Forum!!!
Da bin ich im Eifer des Gefechtes mit voller Überzeugung Gutes zu tun
über die Zielliinie geschossen und auf dem Holzweg gelandet. Habe tatsächlich Birnen mit Äpfel verglichen.
Sorry! Und danke Ulfberth. Den Ansatz mit den Feuerwaffen hatte ich sicherlich im Hinterkopf. Schöne Ausführung. Bin peinlich berührt.
Würde jetzt gerne eine Runde ausgeben...
Gruß Pauker
16.11.11, 19:33:23
corrado26
und auch hier der Vollständigkeit halber ein paar Bilder einer "Ausschuss"-Pistole M/50.
Ein identisch gestempeltes Stück findet sich auch bei Wirtgen, Die preußischen Handefeuerwaffen, Modelle, Manufakturen....1814-1856, auf S.262. Dazu heißt es: Diese mit "A" bezeichnete Pistole gehörte zu den als Ausschuss gestempelten Waffen, die von der Gewehrrevisionskommission nicht abgenommen wurden. Es fehlen demzufolge jegliche Stempel und die Firmenbezeichnung ist nicht mit "SUHL" unter Krone versehen.
Offenbar ist die dort gezeigte Waffe für Anschauungszwecke gänzlich aus entsprechend gestempelten Ausschussteilen zusammengesetzt worden.
Gruß
corrado26
16.11.11, 22:07:57
ulfberth
geändert von: ulfberth - 21.11.11, 15:42:31
Diesen tief eingeschlagenen A-Stempel kenne ich auch von Klingen der 71er Hirschfänger. Herstellerstempel Weyersberg auf der Fehlschärfe und auf den Klingenrücken das unübersehbare "A".
Wobei sich bei der hier vorgestellten Pistole noch die Frage stellt, warum -
und von wem - die Einzelteile dann so sauber angepaßt wurden. Heute würde ich eine solche Arbeit eher in einer Lehrwerkstatt vermuten. Falls es hier keine Unterlagen aus einer zeitgenössischen Zeughaussammlung etc. gibt, halte ich die Zuordnung für spekulativ.
Gruß
ulfberth
24.08.16, 19:04:50
pdgdolch
Hier einmal ein solcher A-Stempel auf einem preußischen Artillerie-Faschinenmesser.
Hersteller Clemen & Jung Solingen
Militärfiskalische Abnahme W 83
Klingenlänge 640 mm
Für mich stellt sich hier aber die Frage, ob es nicht eher eine
Ausmusterung ist, anstelle von
Ausschuss.
Die Klinge des Faschinenmessers hat etwas Spiel, heißt sitzt nicht mehr ganz fest im Gefäß.
Zum Zeitpunkt der Übernahme in den Militärbestand war dieser Mangel sicher noch nicht vorhanden.
Der A-Stempel sitzt in diesem Fall ja auch auf dem Abnahmestempel des ausgeschlagenen Gefäßes.
Die Ausmusterung war vielleicht auch der Grund warum die Klinge nicht mehr gekürzt wurde.
Gruß Peter
24.08.16, 22:49:12
ulfberth
geändert von: ulfberth - 26.08.16, 11:48:49
Ist der Stempel wirklich ein "A"? Zumindest auf dem Bild habe ich eher den Eindruck, daß hier ein Stempel aus Einzelstempeln zusammen gesetzt wurde.
Unabhängig davon ergibt diese "Rücknahme" des Abnahmestempels keinen Sinn. Griff und Klinge entsprachen der Norm, wurden zusammen gefügt und die Angelvernietung vermutlich auch abgenommen.
Eine Korrektur des Klingenspiels wäre für jedem Büchsenmacherlehrling ein Leichtes gewesen. Ansonsten konnte eine Ausmusterung aus dem Staatsbesitz nur vom Depot oder Arsenal vorgenommen werden. Also da, wo sowohl Reparatur wie auch die Ergänzung mit einem neuen Griff problemlos möglich gewesen wäre. Klingt für mich alles nicht wirklich einleuchtend.
Ich tendiere bei dem Stempel eher zu einer zivilen Eigentumsmarkierung.
Gruß
ulfberth
25.08.16, 19:52:25
pdgdolch
Ist der Stempel wirklich ein "A"? Zumindest auf dem Bild habe ich eher den Eindruck, daß hier ein Stempel aus Einzelstempeln zusammen gesetzt wurde.
Danke für den Hinweis, bei genauerem Betrachten sieht der Stempel in der Tat nicht wirklich homogen aus.
Da waren meine Schlussfolgerungen bezüglich Ausmusterung wohl etwas voreilig.
Aber eine zivile Eigentumsmarkierung auf eine schöne preußische Abnahme zu platzieren, wenn ich den erwische...
Gruß Peter